Der ‚Apollonius von Tyrlant’ (um 1300) geht auf einen spätantiken Liebes- und Abenteuerroman zurück, in dem der junge Herrscher über Tyrus von seiner Frau und seiner Tochter getrennt wird, sie beide für tot halten muß und ihnen nach vielen Abenteuern wiederbegegnet (‚Historia Apollonii regis Tyri’). Diese Geschichte wird im Mittelalter signifikant erweitert: Der Held gerät zwischenzeitlich in einen phantastisch anmutenden Orient, was die Gelegenheit eröffnet, erzählend über das Verhältnis zwischen dem Fremden und dem Vertrauten, über adelige Identität und die Variationen der Liebe zu spekulieren. Zuletzt erweist sich der Held dann gar als heilsgeschichtlich bedeutsamer Wegbereiter des Christentums und als Tafelrundengründer vor König Artus. Im Zentrum der gemeinsamen Lektürearbeit stehen die genannten Themen sowie die narrativen Strukturen des Textes. Auch Fragen nach der Adaptation der spätantiken Vorlage und nach den Quellen für die Orientdarstellung könnten, entsprechendes Interesse vorausgesetzt, eine größere Rolle spielen.

(Quelle: LM-Universität München, 2008)